Veröffentlicht am: 29.10.15

Mit Counter Speech gegen Hetze und Hass in Sozialen Netzwerken

Katrin Schuberth, Jens Dupski, SDC

Menschen von oben

Mit der zunehmenden Anzahl an Flüchtlingen, die nach Deutschland kommen, lebt eine breite Willkommenskultur in der Bevölkerung auf. Über soziale Netzwerke wird Unterstützung organisiert und stimmt dadurch ein breites soziales Engagement an. Viele Menschen machen sich Gedanken, manche haben Ängste und machen sich Sorgen. Sie diskutieren ihre Unsicherheit und Vorurteile im Netz. Im Internet werden viele Themen ausgefochten. Was wahr und falsch ist, ist auf den ersten Blick nicht immer sofort ersichtlich. Diese Unsicherheit machen sich einige Personen und Gruppen für ihre eigene dogmatische, menschenverachtende Weltanschauung zu Nutze und verbreiten ihre Hassreden unter dem Deckmantel der freien Meinungsäußerung. Dabei ist die Grenze zwischen Meinungsäußerung und Volksverhetzung oft und schnell überschritten.

Wer ist zuständig?

In diesem Umfeld fühlen sich andere Nutzer und Nutzerinnen ermutigt in den Kanon der Hassparolen einzustimmen. Diese beleidigenden und zum Teil volksverhetzenden Hassreden stellen ein Problem in sozialen Netzwerken dar. Ist es die Aufgabe oder gar Pflicht von sozialen Netzwerken, Hassreden zu löschen? Oder müssen die Behörden das Netzwerk stärker kontrollieren? So oder so - würde dann nicht möglicherweise der Vorwurf der privaten oder staatlichen Zensur laut? Was können die Nutzerinnen und Nutzer sozialer Medien gegen Hetze und menschenverachtende Postings in sozialen Netzwerken tun? Dieser Beitrag regt zum Nachdenken über ein Problem an, dem nicht allein mit Anwendung von Recht und Gesetz sondern auch aus der Community heraus begegnet werden kann.

Wo sind die Grenzen freier Meinungsäußerung?

Hassreden, Verleumdung oder Aufrufe zu Gewalt gegen Teile der Bevölkerung fallen in Deutschland unter den Tatbestand der Volksverhetzung. Einerseits stehen Betreiber von Sozialen Netzwerken in der Verantwortung, auf gesellschaftliche Bewegungen zu reagieren und Gemeinschaftsstandards stets den gegebenen Ereignissen anzupassen, andererseits ist es Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden, zu ermitteln, ob gegen geltendes Recht verstoßen wird, um Täter zu überführen. In einigen Fällen wurden die Verfasser von volksverhetzenden Postings bereits behördlich ermittelt und bestraft, wie das Beispiel aus Spiegel.online zeigt. Auch wenn die Grenze zwischen Meinungsäußerung und Hetze nicht immer klar ist, hat man als Nutzerin oder Nutzer von Sozialen Netzwerken auch die Möglichkeit, zu reagieren.

Zivilcourage im Netz

Der Umgangston im Internet wird scheinbar immer rauer. Jedes stillschweigende Hinwegsehen über Vorurteile und menschenfeindliche Äußerungen bestärkt den Absender in seiner Haltung. Andere Nutzerinnen und Nutzer sehen in einer Gegenargumentation, dass die verbreiteten Ansichten nicht automatisch der Wahrheit entsprechen oder vielleicht auch einfach unangebracht sind.
Jeder und jede Einzelne sollte sich aufgerufen sehen, Verantwortung zu übernehmen und gegen Hetze und Rassismus im Netz aufzustehen. Nutzerinnen und Nutzer können bedenkliche Beiträge und Seiten grundsätzlich direkt bei den Betreibern melden und hartnäckig auf eine Reaktion drängen. Außerdem gibt es beispielsweise die NO HATE SPEECH MOVEMENT- eine europäische Kampagne, die Jugendlichen bewusst macht, Hass-Parolen zu widersprechen.
Internetseiten von Initiativen wie netz-gegen-nazis.de von der Amadeu Antonio Stiftung oder der Bundeszentrale für politische Bildung setzen sich proaktiv mit dem Thema Rechtsextremismus in sozialen Netzwerken auseinander und stellen Hintergrundinformationen bereit, bieten Argumentationshilfen an und zeigen Handlungsstrategien auf. Eine gute Grundlage, damit jeder aktiv gegen rechtsextreme und menschenverachtende Hetze im Netz handeln kann.
Selbst auf unpassende Beiträge sachlich und mit guten Argumenten zu reagieren, stärkt das Bewusstsein anderer Nutzer in sozialen Netzwerken. Gemeinsam kann so virtueller Raum, der von rechtsextremen und menschenfeindlichen Äußerungen eingenommen wird, zurückgewonnen werden.
Als weitere Möglichkeit können eindeutig volksverhetzende Beiträge zur Anzeige gebracht werden. Das kann in allen Bundesländern auch ganz unkompliziert über eine Online-Polizeiwache geschehen. Selbst bei anonymen Anzeigen muss die Polizei eine Ermittlung aufnehmen. Egal wie sich jeder einzelne entscheidet, aktiv etwas zu unternehmen, ist besser als das Thema zu ignorieren.
Das Zentrum Demokratische Kultur (ZDK) hat kürzlich eine kreative Aktion gestartet: Mit der Initiative "Hass hilft" wird für jeden rassistischen Kommentar im Internet ein Euro an ein Flüchtlingsprojekt der Aktion Deutschland Hilft respektive an das Nazi-Aussteigerprogramm EXIT-Deutschland überwiesen. Vielleicht ein kleiner zusätzlicher Anreiz, selbst aktiv zu werden.





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